In der heutigen Zeit stehen Mitarbeitende in der Langzeitpflege oder in Arztpraxen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, darunter hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck, Kommunikationsprobleme und Ressourcenmangel. Um die Ursachen dieser Herausforderungen zu identifizieren und entsprechende, individuell angepasste Lösungsansätze zu entwickeln, kann der GEMBA-Walk als Methode eingesetzt werden. Doch was genau ist ein GEMBA-Walk und wie kann er in der Arztpraxis effektiv genutzt werden?
Was ist ein GEMBA-Walk?
Ein GEMBA-Walk ist eine bewährte Methode aus dem Lean Management, bei der die Abläufe vor Ort direkt am Arbeitsplatz beobachtet werden, um Schwachstellen zu identifizieren und Verbesserungen zu erarbeiten. Der Begriff “GEMBA” stammt aus dem Japanischen und bedeutet “der tatsächliche Ort”. In der Praxis bedeutet dies, dass Führungskräfte und Mitarbeitende gemeinsam den Arbeitsplatz aufsuchen, um die vorhandenen Arbeitsprozesse zu beobachten und zu analysieren.
Ziele und Vorteile eines GEMBA-Walks
Ein GEMBA-Walk kann zahlreiche Vorteile bieten:
- Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit: Durch die direkte Beobachtung der Arbeitsabläufe können die Dynamiken und Interaktionen zwischen verschiedenen Teammitglieder/innen oder Berufsgruppen besser verstanden und gezielt gefördert werden.
- Identifikation von Optimierungspotenzialen: Schwachstellen und ineffiziente Prozesse werden sichtbar gemacht, was zu einer Person- oder bewohnerzentrierten und zugleich effizienten Arbeitsweise führt.
- Reduktion von Verschwendungen: Durch die Analyse der Arbeitsprozesse können unnötige Schritte und Verschwendung identifiziert und eliminiert werden, was wiederum die Wertschöpfung steigert.
- Förderung einer kontinuierlichen Verbesserung: Der GEMBA-Walk schafft eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, bei der die Mitarbeitenden aktiv in den Verbesserungsprozess eingebunden werden.
- "Sehen lernen": Die Mitarbeitende sind ein partizipativer Teil des Analyseprozesses. Sie werden befähigt, Verschwendung und Verbesserungspotential zu erkennen.
Ein Beispiel aus der Praxis
InnoCare Project unterstützte eine Arztpraxis bei der Prozessanalyse, indem zwei Pflegeexpertinnen APN-CH einen GEMBA-Walk organisierten und die Mitarbeitenden während der Umsetzung begleiteten und befähigten. Gemeinsam mit dem Praxisteam wurden die Abläufe systematisch im Praxisbetrieb beobachtet und analysiert, um gezielte Verbesserungsempfehlungen zu erarbeiten. Dabei folgten sie einem strukturierten Vorgehen:
- Vorbereitung: Vorgängig wurden klare Ziele für den GEMBA-Walk definiert, und das gesamte Team wurde über den Zweck und den Ablauf informiert.
- Durchführung: Die Praxis wurde besucht, um die Arbeitsprozesse durch das Team in Echtzeit zu beobachten. Offene Fragen wurden gestellt, um die Perspektiven und Ideen der Mitarbeitenden zu erfassen. Verschiedene Instrumente wurden während dem GEMBA-Walk angewendet, wie z.B. dem Spaghetti-Diagramm, der Wertstromanalyse oder den Verschwendungsarten (MUDA).
- Analyse: Die gesammelten Beobachtungen wurden gemeinsam mit einzelnen Team-Mitarbeitenden ausgewertet, Schwachstellen identifiziert und mögliche Verbesserungsmassnahmen diskutiert. Die erarbeiteten Empfehlungen wurden anschliessend der Praxisleitung präsentiert.
- Umsetzung: Einige Verbesserungsvorschläge, wie die Umgestaltung des Empfangsbereichs, konnten direkt umgesetzt werden. Andere Empfehlungen, darunter die Schärfung und Entwicklung von Kompetenz- und Rollenprofilen bestimmter Schlüsselpersonen, wurden vom Praxisteam schrittweise weiterentwickelt und zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt.
- Nachverfolgung: Fortschritte wurden regelmässig überprüft, und die Massnahmen bei Bedarf angepasst. Eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung wurde gefördert.
In diesem Beispiel zeigte der GEMBA-Walk, wie ein gezielter Blick auf interne Prozesse unter Einbeziehung aller Beteiligten Optimierungspotenziale sichtbar und greifbar machen kann. Diese Methode trug dazu bei, Arbeitsabläufe nachhaltig zu verbessern und eine patientenzentrierte Versorgung zu gewährleisten ( Müller, 2022).
Fazit
Der GEMBA-Walk ist eine effektive Methode, um die Arbeitsabläufe, beispielsweise in einer Arztpraxis oder in der Langzeitpflege, zu analysieren und zu optimieren. Durch die direkte Beobachtung und den Einbeziehung aller Beteiligten können Schwachstellen identifiziert und massgeschneiderte Lösungen entwickelt werden. Dies führt zu einer effizienteren und personzentrierten Versorgung, die sowohl den Mitarbeitenden als auch den Bewohnenden / Patienten zugutekommt.
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Literatur
Müller, A., et al. (2022). Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Primärversorgung: Erkenntnisse aus GEMBA-Walks. Zeitschrift für Gesundheitswissenschaften, 12(3), 123-135.
Schmidt, M., et al. (2023). Effizienzsteigerung und Patientenzentrierung in der Primärversorgung durch GEMBA-Walks: Eine systematische Übersicht. Journal für Gesundheitssysteme und -politik, 9(2), 67-79.